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Ist Bioplastik gut für die Umwelt? (Textgebundene Erörterung FOS)

Der Autor Thomas Wagner (NDR) informierte, in seinem sachtextlichen Programmhinweis „Bioplastik – gut für die Umwelt?“, vom 09.09.2012, über die Vor- und Nachteile von sogenannten Biokunststoffen für die Umwelt und ihre Anwendung in der Industrie. Diese Stoffe existieren bereits seit 1869 und damit mehrere Jahrzehnte länger als erdölbasierende Kunststoffvarianten. Doch sie wurden Jahrzehnte lang nur in vergleichsweise geringen Mengen gefertigt und genutzt. Erst durch den steigenden Ölpreis der letzten Jahre stieg auch ihre Bedeutung in der modernen Fertigung, vor allem in der Verpackungsindustrie, stark an. Von den circa 5,5 Millionen Kunststoffverpackungen, welche jährlich in Deutschland hergestellt werden, sind dennoch nur ein kleiner Teil biologische Kunststoffe. Anders sieht die Situation in den Benelux-Staaten oder den Vereinigten Staaten von Amerika aus. Dort werden, vor allem von den verschiedenen Getränkeherstellern, bereits größere Mengen dieser Stoffe gefertigt und in der Produktion verwendet. Beispielsweise die sogenannten Plantbottles, welche aus Bio-PET produziert werden und über die gleichen Eigenschaften wie herkömmliche PET verfügen. Große Getränkefirmen, wie zum Beispiel Coca Cola, haben bereits öffentlich zugesagt, in naher Zukunft all ihre Flaschen aus Bio-PET fertigen zu wollen.

Prinzipiell sind Biokunststoffe in der Lage, genau das Gleiche zu leisten wie herkömmliche Kunststoffe. Ebenso ist eine Herstellung und Weiterverarbeitung mit den Maschinen, welche bisher für die Kunststoffverarbeitung eingesetzt werden, problemlos möglich. Dadurch können sie auch in Bereichen wie der Autoindustrie eingesetzt werden, wo beständige und lange haltende Stoffe gefragt sind. Doch diese lang haltbaren Varianten verlieren damit auch gleichzeitig die Fähigkeit zur schnellen Verrottung und sind damit nur noch bedingt biologisch abbaubar. Während ein Teil von ihnen allerdings genau wie normaler Kunststoffe recycelt werden kann, gibt es bei einigen Varianten noch kein funktionierendes Recyclingsystem. Mit einem, für diese speziellen Varianten kompatiblem, Recyclingverfahren ist erst ab einer Menge von 20000 Tonnen im Jahr zu rechnen. Momentan fällt allerdings erst ¼ dieses Volumens an. Allerdings haben die biologischen Varianten den Vorteil, dass sie verbrannt werden können und nur die Menge an CO2 verursachen, welche sie auch beim Kompostieren verursacht hätten. Gleichzeitig können dadurch auch noch verschiedene Arten von Energie erzeugt werden.  Ein weiterer Vorteil ist die Unabhängigkeit von Erdöl. Denn mit dem ständig steigenden Ölpreis steigen gleichzeitig die Herstellungspreise ölbasierender Kunststoffe. Des Weiteren ist ein Land, welches über kein eigenes Erdöl verfügt, damit immer abhängig von Ländern mit Erdöl und somit wirtschaftlich stärker eingeschränkt. Allerdings werden für die biologische Herstellung von Kunststoffen große Mengen von stärkehaltigen Pflanzen benötigt. Aufgrund der Tatsache, dass fast jede Ackerfrucht Stärke enthält und damit auch fast jede geeignet ist, ist die Wahl der richtigen Pflanzen relativ einfach. Allerdings benötigen Plantagen, welche groß genug sind um wirtschaftlich rentabel zu sein, enorm viel Platz, welcher nicht anderweitig verwendet werden kann. Auch werden diese Nahrungs- und Nutzpflanzenflächen bereits für Bioethanol benötigt und schmälern damit die Fläche für Biokunststoffpflanzen. Es ist auch zu beachten, dass diese Anlangen sich größtenteils in Ländern der dritten Welt befinden und dort bereits jetzt eine große Menge an Platz verschwenden, der auch für den Anbau von Lebensmitteln verwendet werden könnte. Dies verstärkt damit gleichzeitig die Nahrungsmittelknappheit und wirtschaftliche Armut in diesen Ländern. Außerdem benötigen die Pflanzen für ein schnelles Wachstum und damit auch hohen wirtschaftlichen Gewinn, große Mengen von Dünge- und Antischädlingsmittel. Diese enthalten, aufgrund der oft nur geringen gesetzlichen Regelungen in den verschiedenen Anbauländern, meistens eine hohe Dosis an für den Menschen tödliche oder stark schädigende Toxinen. Diese versickern dann nicht nur in den Erdboden und machen den anderweitigen Anbau oftmals für Jahre oder gar Jahrzehnte unmöglich, sie schaden auch den Arbeitern auf den Plantagen. Außerdem kommen diese Stoffe ebenfalls mit zur Verarbeitung und werden dort möglicherweise nur teilweise oder gar nicht herausgefiltert. Dies würde dann das Risiko einer späteren Freisetzung, vielleicht durch ausdampfen, Verbrennung oder kompostieren, beinhalten, was durchaus auch schwere gesundheitliche Schäden verursachen könnte. Ebenso könnte durch das Kompostieren dieses Gift ebenfalls auf deutsche Felder kommen und direkt von den Lebensmittelpflanzen aufgenommen werden.

Abschließend bleibt zu sagen, dass biologische Kunststoffe ein zweischneidiges Schwert darstellen. Auf der einen Seiten ermöglichen sie eine Unabhängigkeit vom Erdöl und damit auch von erdölexportierenden Ländern, bei gleichzeitiger Erhaltung aller wirtschaftlichen Möglichkeiten von normalen Kunststoffen. Allerdings benötigen sie dafür enorm viel Platz, der dann natürlich nicht anderweitig genutzt werden kann. Die Frage nach der Umweltverträglichkeit von Bioplastik ist damit nicht nur eine Umwelt- oder wirtschaftliche Frage, sondern auch eine moralische. Und dies wird sie wohl auch dann noch sein, wenn es möglich ist diese Kunststoffarten aus Pflanzenabfällen zu gewinnen. Denn auch davon werden enorme Mengen benötigt werden, um die permanente Nachfrage nach Kunststoffen, welche ständig weiter wächst, befriedigen zu können. Dennoch bin ich für eine weitere Forschung an Bioplastik. Dadurch findet sich irgendwann vielleicht eine Möglichkeit, mit geringerem Aufwand und benötigten Pflanzen wie bisher, große Mengen davon zu produzieren. Letzten Endes werden sie in der Zukunft sowieso, vermutlich mit dem Argument die Umwelt und Natur zu schützen, stärker gefördert werden. Völlig Unabhängig von ihrer zerstörerischen Wirkung auf arme und rückständige Länder, wie es schon jetzt bei dem Bioethanol der Fall ist. Ebenso werden eventuelle Risiken für Menschen, Tiere und Pflanzenarten ausgeblendet, verschwiegen oder heruntergespielt werden.